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Kapitel 8 - Thranar

Gesperrter Bereich von Eldoria, 1247 des Kalenders von Tempure, Herbst

Die Nacht war tief und still, als die Gruppe sich der alten Schmiede von Thranar näherte. Der Mond stand hoch am Himmel und warf silberne Lichtstrahlen auf die verfallenen Gebäude. Der Bereich um die Schmiede herum war von Schutt und Trümmern bedeckt, und die Straßen waren abgesperrt und verlassen. Ein Gefühl von Verlassenheit und Geheimnis lag in der Luft.

Aria führte die Gruppe vorsichtig durch die Trümmer. Ihre Schritte waren leise und bedacht, als sie näher an die Schmiede herantraten. „Das ist es,“ sagte sie leise, ihre Augen suchten die Brüder. „Die Schmiede von Thranar.“

Orion und Sagittarius betrachteten das Gebäude mit einer Mischung aus Neugier und Besorgnis. „Es sieht aus, als wäre hier schon lange niemand mehr gewesen,“ bemerkte Sagittarius.

„Wir sollten vorsichtig sein. Wer weiß, was uns dort drin erwartet,“ antwortete Orion und legte die Hand auf den Griff seines Schwertes.

Aria drehte sich zu den Brüdern um, ihre Augen glitzerten im Mondlicht. „Bevor wir weitergehen, möchte ich meine Bezahlung bekommen,“ sagte sie und streckte die Hand aus. „Wir hatten eine Vereinbarung.“

Orion zog einen Beutel mit Münzen aus seiner Tasche und reichte ihn ihr. „Hier ist die Hälfte, wie abgemacht. Den Rest bekommst du, wenn wir sicher sind, dass wir in die Schmiede kommen.“

Aria nickte und nahm den Beutel. „In Ordnung. Lasst uns weitermachen.“ Sie steckte den Beutel weg und führte die Brüder weiter in Richtung der Schmiede.

Als sie näher kamen, bemerkten sie einen schwach pulsierenden Zauberkreis, der um die Schmiede herum gezeichnet war. Die Linien des Kreises schimmerten in einem unheimlichen, bläulichen Licht und schienen die gesamte Schmiede zu umgeben.

„Was ist das?“ fragte Sagittarius, während er den Zauberkreis mit skeptischen Augen betrachtete.

„Es scheint ein Schutzzauber zu sein,“ antwortete Aria und kniete sich nieder, um den Kreis genauer zu untersuchen. „Seid vorsichtig. Solche Kreise können gefährlich sein.“

Orion betrachtete den Zauberkreis mit Besorgnis. „Was sollen wir tun?“

Aria stand auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Ich werde vorangehen und den Kreis untersuchen. Bleibt hier und haltet die Augen offen.“

Die Brüder nickten und beobachteten, wie Aria vorsichtig über den Zauberkreis trat. Sie bewegte sich langsam und vorsichtig, ihre Augen suchten nach möglichen Fallen oder Auslösern. Während sie vorging, platzierte sie heimlich eine kleine Lärmfalle in der Nähe des Eingangs zur Schmiede. Ihr Gewissen nagte an ihr, doch sie schob die Gedanken beiseite. Sie hatte ihre eigenen Gründe und musste sicherstellen, dass sie vorbereitet war.

Orion und Sagittarius traten näher an die Schmiede heran und betrachteten die Umgebung. Die Mauern der Schmiede waren alt und rissig, und das Dach war teilweise eingestürzt. Vor der Schmiede stand ein großer Amboss, auf dem ein unfertiges Schwert lag.

Orion ging zum Amboss und betrachtete das Schwert neugierig. Es war aus einer besonderen Legierung oder einem besonderen Metall gefertigt und schimmerte schwach im Mondlicht. „Seht euch das an,“ sagte er und nahm das Schwert in die Hand. „Es fühlt sich… anders an.“

Sagittarius trat näher und betrachtete das Schwert ebenfalls. „Was meinst du?“

„Es leuchtet schwach und es geht eine gewisse Kraft davon aus,“ erklärte Orion, während er das Schwert prüfend in den Händen drehte. „Ich kann es nicht genau einordnen, aber es ist definitiv nicht gewöhnlich.“

Aria beobachtete die Brüder aus der Nähe und versuchte, ihre eigenen Gedanken zu ordnen. Sie spürte, dass etwas an diesem Ort anders war, etwas, das sie nicht vollständig verstehen konnte. „Seid vorsichtig mit dem Schwert,“ warnte sie. „Es könnte verzaubert sein.“

Orion nickte und legte das Schwert vorsichtig zurück auf den Amboss. „Wir müssen herausfinden, was hier passiert ist und warum diese Schmiede so wichtig ist.“

Orion und Sagittarius betrachteten die Schmiede weiter, während die Nacht um sie herum immer dunkler wurde. Die Geheimnisse dieses Ortes schienen nur darauf zu warten, entdeckt zu werden, und sie wussten, dass ihre Reise hier noch lange nicht zu Ende war.

Aria meldete sich kurzerhand bei den Brüdern ab. „Ich schaue mal hinter der Schmiede nach. Vielleicht finde ich dort etwas Nützliches.“

Orion nickte, ohne den Blick von der Schmiede abzuwenden. „Sei vorsichtig.“

Aria verschwand leise in die Dunkelheit und schlich sich um die Schmiede herum. Ihr Herz schlug schneller, als sie sich ihrem geheimen Ziel näherte. Sie wusste, dass sie vor den Brüdern unentdeckt in die Schmiede eindringen musste, um den Magiekristall zu stehlen und dann zu verschwinden. Dieser Auftrag würde ihr endlich die Informationen bringen, die sie suchte – Informationen, die ihr halfen, ihre Vergangenheit zu verstehen.

Sie erreichte eine Hintertür der Schmiede und begann, das Schloss mit geübten Händen zu knacken. Währenddessen aktivierte die Lärmfalle, die sie vorher bei den Brüdern platziert hatte, und ein ohrenbetäubender Alarm erfüllte die Luft.

Orion und Sagittarius zuckten zusammen und drehten sich alarmiert um. „Was ist das?“ rief Sagittarius und zog seinen Bogen.

„Es klingt wie eine Falle,“ antwortete Orion und zog sein Schwert. „Sei bereit.“

In diesem Moment krachte die Tür der Schmiede auf, und eine gewaltige Gestalt trat ins Freie. Es war Thranar, aber er wirkte nicht wie der legendäre Schmied, von dem sie gehört hatten. Seine Augen glühten rot, und eine dunkle Aura umgab ihn. Seine Bewegungen waren ruckartig und unnatürlich, als ob er von etwas Bösem kontrolliert wurde.

„Wer wagt es, meine Ruhe zu stören?“ donnerte Thranar, seine Stimme tief und verzerrt. „Ihr werdet den Zorn der Schatten zu spüren bekommen!“

Orion trat einen Schritt zurück, seine Augen weiteten sich vor Schreck. „Das ist Thranar? Er sieht… besessen aus.“

Thranars Gesicht war von tiefen Furchen und Narben gezeichnet, und sein Blick war leer und unheimlich. Dunkle Schatten schienen um seine Gestalt zu tanzen, als er auf die Brüder zuschritt. „Ihr werdet das Böse nicht aufhalten können,“ knurrte er. „Die Schatten werden alles verschlingen.“

Währenddessen hatte Aria die Hintertür der Schmiede geöffnet und schlich sich hinein. Ihr Ziel war klar: den Magiekristall finden und verschwinden, bevor jemand bemerkte, dass sie dort war. Sie durchsuchte die dunklen Ecken der Schmiede und fand schließlich den Kristall, der in einem komplizierten mechanischen Apparat eingebettet war.

Der Kristall schimmerte in einem unheimlichen Licht, und Aria spürte die mächtige magische Energie, die von ihm ausging. Sie wusste, dass sie schnell handeln musste. Mit geschickten Fingern begann sie, den Kristall aus seiner Verankerung zu lösen.

Draußen eskalierte die Situation weiter. Thranar schritt auf die Brüder zu, seine Bewegungen unberechenbar und bedrohlich. „Ihr habt keine Ahnung, mit welchen Kräften ihr euch anlegt,“ fauchte er. „Die Dunkelheit wird euch verschlingen!“

Orion hob sein Schwert, bereit, sich zu verteidigen. „Wir müssen ihn aufhalten, Sagi. Er ist nicht mehr er selbst.“

Sagittarius spannte seinen Bogen und zielte auf Thranar. „Was ist mit ihm passiert?“

Thranar stieß ein wildes Lachen aus, das in ein verzweifeltes Brüllen überging. „Die Schatten haben mich erwählt. Ich bin ihre Stimme, ihr Werkzeug!“

Mit einem plötzlichen Angriff stürzte sich Thranar auf die Brüder. Orion parierte den ersten Schlag mit Mühe und spürte die immense Kraft, die Thranar durchdrang. „Er ist unglaublich stark,“ keuchte er und kämpfte darum, nicht überwältigt zu werden.

Sagittarius feuerte einen Pfeil ab, der Thranar in die Schulter traf, doch der Schmied schien den Schmerz kaum zu spüren. „Wir müssen ihn schwächen,“ rief Sagittarius und zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher.

Während der Kampf draußen tobte, gelang es Aria schließlich, den Kristall aus seiner Verankerung zu lösen. Sie steckte ihn in ihre Tasche und machte sich bereit zu fliehen. Doch ein Gefühl der Unsicherheit beschlich sie. Sie hatte die Brüder in eine gefährliche Situation gebracht und spürte einen Stich des schlechten Gewissens.

„Ich muss hier raus,“ murmelte sie und schlich sich zurück zur Hintertür. Doch bevor sie die Schmiede verlassen konnte, spürte sie die Macht des Kristalls in ihrer Tasche pulsieren. Sie zögerte einen Moment, ihre Gedanken wirbelten.

Draußen kämpften Orion und Sagittarius weiter verbissen gegen Thranar. Der besessene Schmied schlug mit brutaler Kraft zu und trieb die Brüder in die Enge. „Ihr werdet den Schatten nicht entkommen!“ rief Thranar und seine Augen glühten bedrohlich.

Orion spürte, wie seine Kräfte schwanden, doch er wusste, dass sie Thranar aufhalten mussten. „Sagi, wir müssen zusammenarbeiten,“ rief er und hob sein Schwert.

Sagittarius nickte und feuerte einen weiteren Pfeil ab. „Ich bin bei dir, Bruder. Lass uns das beenden.“

Aria, die noch immer in der Schmiede stand, hörte die verzweifelten Rufe der Brüder. Ihr Herz schlug schneller, und sie spürte einen inneren Konflikt. Sie hatte den Kristall, den sie suchte, doch konnte sie die Brüder einfach ihrem Schicksal überlassen?

Orion und Sagittarius kämpften verbissen gegen den besessenen Thranar. Die Kraft des Schmiedes war überwältigend, und die Brüder gerieten zunehmend in die Defensive. „Aria, wo bist du?“ rief Orion verzweifelt, während er einen weiteren Schlag abwehrte.

Sagittarius feuerte einen Pfeil nach dem anderen ab, doch sie schienen keine Wirkung auf Thranar zu haben. „Unsere Waffen scheinen ihm nichts anhaben zu können,“ rief er seinem Bruder zu. „Es ist, als ob das Schattenmonster den Schaden absorbiert.“

Orion bemerkte, dass Thranar immer wieder Abstand zu dem unfertigen Schwert auf dem Amboss hielt. Eine Idee blitzte in seinem Kopf auf. „Sagi, halt ihn beschäftigt!“ rief er und stürmte zum Amboss.

Er griff nach dem leuchtenden Schwert und spürte sofort die Kraft, die davon ausging. „Vielleicht kann das hier helfen,“ murmelte er und ging auf Thranar zu. Mit einem entschlossenen Hieb schlug er zu, und das Schwert durchdrang Thranars Verteidigung, schickte eine Welle magischer Energie durch den Körper des besessenen Zwerges.

Thranar brüllte vor Schmerz, und die dunkle Aura um ihn herum flackerte. „Nein! Das kann nicht sein!“ rief er, als das Schattenmonster anfing, sich von ihm zu lösen.

In der Zwischenzeit hatte Aria den Kristall in ihre Tasche gesteckt und war bereits dabei, sich aus dem Staub zu machen. Sie warf einen letzten Blick auf die kämpfenden Brüder und murmelte leise: „Tut mir leid, aber es geht nicht anders.“ Dann verschwand sie in der Dunkelheit.

Orion setzte den Angriff mit dem magischen Schwert fort, während Sagittarius von der Seite unterstützte. Jeder Schlag des Schwertes schwächte das Schattenmonster weiter, bis es schließlich mit einem letzten markerschütternden Schrei aus Thranar austrat und sich in Nichts auflöste.

Thranar sank erschöpft zu Boden, befreit, aber schwer verwundet. Orion und Sagittarius traten vorsichtig näher, ihre Waffen noch bereit. „Wir haben es geschafft,“ sagte Orion leise, sein Atem schwer vor Erschöpfung.

Nach kurzer Zeit richtete sich Thranar mühsam auf. Seine Augen waren klarer, aber voller Schmerz und Verwirrung. „Wer seid ihr?“ fragte er mit schwacher Stimme.

Orion und Sagittarius traten näher, ihre Waffen gesenkt. „Ich bin Orion, und das ist mein Bruder Sagittarius,“ sagte Orion. „Wir waren auf der Suche nach dir.“

Thranar musterte die Brüder aufmerksam. „Warum habt ihr nach mir gesucht?“

Orion zögerte einen Moment, dann sprach er mit fester Stimme: „Unser Großvater, Eldric, wurde getötet.“

Ein Ausdruck des Entsetzens und Unglaubens zeichnete sich auf Thranars Gesicht ab. „Eldric… getötet? Das kann nicht sein. Er war der stärkste und weiseste Mann, den ich je gekannt habe.“

Sagittarius nickte ernst. „Er wurde von einem Mann namens Nimrore getötet. Wir sind hier, um herauszufinden, was passiert ist und um Rache zu üben.“

Thranar schüttelte langsam den Kopf, immer noch geschockt. „Nimrore… das kann nur bedeuten, dass die Dunkelheit zurückgekehrt ist. Ihr habt viel Mut gezeigt, mich zu befreien. Ich schulde euch mehr, als Worte ausdrücken können.“

Orion trat näher und legte eine Hand auf Thranars Schulter. „Wir brauchen deine Hilfe, Thranar. Gemeinsam können wir die Dunkelheit bekämpfen und Nimrore aufhalten.“

Thranar sah die Entschlossenheit in Orions Augen und nickte langsam. „Ihr habt mir das Leben gerettet und mich von diesem Fluch befreit. Ich werde euch helfen, so gut ich kann.“

Published inSchwurbrecher

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