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Kapitel 3 - Die Reise beginnt

Das Dorf Silur, 1247 des Kalenders von Tempure, Herbst

Der Morgen brach kühl und grau an, als die ersten Sonnenstrahlen durch die dichten Wolken drangen und das Dorf Silur in ein sanftes, diffuses Licht tauchten. Orion und Sagittarius standen vor ihrem kleinen, rustikalen Haus, ihre Habseligkeiten in ledernen Satteltaschen verstaut. Die Luft war erfüllt von der herbstlichen Frische und dem vertrauten Geruch von feuchtem Laub und Erde.

Orion strich über den Hals seines Pferdes, einem kräftigen Braunen, der geduldig dastand und den Kopf leicht schüttelte. „Bereit, Sagi?“ fragte er leise, seine Stimme von einer Mischung aus Trauer und Entschlossenheit durchdrungen.

Sagittarius, der sein eigenes Pferd, einen schneeweißen Hengst, vorbereitete, nickte. „Ja, ich bin bereit. Lass uns gehen, bevor ich es mir anders überlege.“ Er warf einen letzten Blick auf das Haus, in dem sie so viele Jahre mit ihrem Großvater verbracht hatten.

Die Dorfbewohner hatten sich versammelt, um ihnen Lebewohl zu sagen. Alte Freunde, Nachbarn und Bekannte standen in kleinen Grüppchen zusammen und tauschten leise Worte des Abschieds. Einige der Älteren hatten Tränen in den Augen, während die Jüngeren neugierig und bewundernd zu den Brüdern aufsahen.

Eine ältere Frau trat vor, ihre Hände falteten sich um einen kleinen Strauß wilder Blumen. „Passt gut auf euch auf, ihr beiden“, sagte sie mit zitternder Stimme. „Euer Großvater wäre stolz auf euch.“

„Danke, Lira“, antwortete Orion und nahm die Blumen entgegen. „Wir werden unser Bestes tun, um ihm gerecht zu werden.“

Ein älterer Mann mit einem wettergegerbten Gesicht trat ebenfalls vor und legte eine Hand auf Orions Schulter. „Vergesst nicht, wo ihr herkommt“, sagte er. „Silur wird immer euer Zuhause sein.“

Orion nickte, unfähig, die Worte zu finden, die die Schwere dieses Moments einfangen könnten. Er warf einen letzten Blick auf das Dorf, auf die vertrauten Gesichter und die Orte, die ihm so viel bedeuteten. Dann schwang er sich auf sein Pferd und schaute zu seinem Bruder hinüber.

„Bereit?“ fragte er erneut, diesmal mit einem Hauch von Zuversicht in der Stimme.

Sagittarius schwang sich ebenfalls in den Sattel und nickte. „Bereit.“

Sie lenkten ihre Pferde in Richtung des schmalen Pfades, der aus dem Dorf hinaus und in die weite Welt führte. Die Hufe der Pferde klapperten leise auf dem gepflasterten Weg, und die Brüder warfen noch einmal einen Blick zurück. Silur verblasste langsam hinter ihnen, während sie sich auf ihre Reise nach Eldoria begaben.

Der Weg vor ihnen war lang und voller Ungewissheit, doch in ihren Herzen brannte die Entschlossenheit, das Erbe ihres Großvaters zu ehren und die Wahrheit über die Schlüssel zu finden. Sie wussten, dass die Reise gefährlich sein würde, aber sie waren bereit, sich jeder Herausforderung zu stellen, die auf sie wartete.

Der Morgen schritt voran, während Orion und Sagittarius auf ihren Pferden den Pfad entlang ritten, der sich durch die sanften Hügel und dichten Wälder von Ostaria schlängelte. Die herbstlichen Blätter raschelten im Wind und färbten den Wald in ein prächtiges Mosaik aus Gold, Rot und Braun. Der Klang der Hufe auf dem weichen Boden mischte sich mit dem Zwitschern der Vögel und dem fernen Murmeln eines Baches.

Orion zog Eldrics altes Tagebuch aus seiner Satteltasche. Der Ledereinband war abgenutzt, und die Seiten waren vergilbt, doch die Worte darin waren immer noch deutlich zu erkennen. „Sagi, hör dir das an,“ sagte er und blätterte durch die Seiten.

Sagittarius lenkte sein Pferd näher heran, um einen Blick auf die handgeschriebenen Notizen zu werfen. „Großvater hat viele Notizen über die Monster und Pflanzen gemacht, denen sie begegnet sind,“ bemerkte er, während er auf eine Skizze eines riesigen Bären mit bedrohlichen Klauen deutete.

Orion nickte. „Hier sind auch Hinweise auf verschiedene Orte, aber keine genauen Namen. Schau mal, hier spricht er von einem Schmied in Eldoria. Ein Zwerg namens Thranar Eisenfaust.“

Sagittarius schnaubte. „Klingt wie ein harter Kerl. Hoffentlich kann er uns weiterhelfen.“

Sie ritten weiter durch den Wald, während die Sonne langsam höher stieg und die Schatten der Bäume kürzer wurden. Die Umgebung war erfüllt von Leben. Eichhörnchen huschten über den Pfad, und ab und zu sprang ein Hase aus dem Unterholz. Die Luft war frisch und kühl, und der Duft von feuchtem Moos und Erde erfüllte ihre Sinne.

„Ich frage mich, ob Nimrore ähnliche Aufzeichnungen hat,“ sagte Sagittarius nachdenklich, während er eine Seite mit detaillierten Zeichnungen von verschiedenen Pflanzen betrachtete. „Wenn er weiß, wo die Schlüssel sind, müssen wir schneller sein als er.“

Orion blätterte weiter. „Großvater hat uns nur grobe Hinweise hinterlassen. Aber schau mal hier, er erwähnt einen alten Tempel tief im Wald. Er schreibt, dass dort einer der Schlüssel versiegelt wurde, um ihn vor dem Bösen zu schützen.“

„Dann sollten wir uns darauf konzentrieren, diesen Tempel zu finden,“ sagte Sagittarius entschlossen. „Aber zuerst müssen wir nach Eldoria und unsere Ausrüstung reparieren lassen.“

Sie ritten weiter, während sich die Landschaft vor ihnen veränderte. Der Wald wurde dichter und die Bäume älter, ihre knorrigen Äste breiteten sich wie schützende Arme über den Pfad aus. Sie kamen an einer alten, überwucherten Ruine vorbei, die von Moos und Efeu überwuchert war.

„Großvater hat uns oft Geschichten über solche Orte erzählt,“ sagte Orion leise, als sie an der Ruine vorbeiritten. „Er sagte, sie seien Überbleibsel einer längst vergessenen Zeit.“

Sagittarius betrachtete die Ruine mit nachdenklicher Miene. „Vielleicht finden wir hier eines Tages Hinweise auf die Schlüssel. Aber heute müssen wir weiter.“

Die Brüder ritten weiter, den Blick fest auf den Weg vor ihnen gerichtet. Die Gespräche über Eldrics Tagebuch und die möglichen Gefahren, die auf sie warteten, füllten ihre Gedanken, während sie sich durch die herbstliche Landschaft von Ostaria bewegten.

Die Sonne stand nun hoch am Himmel, und der Weg vor ihnen war noch lang. Doch mit jedem Schritt und jeder Seite, die sie im Tagebuch ihres Großvaters lasen, kamen sie ihrem Ziel ein Stück näher.

Zwei Tage später, als die Sonne sich erneut dem Horizont zuneigte, hatten sie bereits viele Meilen hinter sich gebracht. Der Pfad durch den Wald war schmaler geworden, und die Schatten der Bäume zogen sich länger über den Boden. Orion und Sagittarius beschlossen, ihr Lager auf einer kleinen Lichtung aufzuschlagen, umgeben von hohen Bäumen, die im leichten Abendwind rauschend miteinander flüsterten.

Orion streckte sich und seufzte erleichtert, als er sich auf den Boden setzte. „Das war ein langer Tag,“ sagte er, seine Stimme müde. „Wir sollten uns ausruhen.“

Sagittarius nickte zustimmend und setzte sich neben seinen Bruder. Er zog Eldrics Tagebuch heraus und begann, einige Notizen zu machen. „Ja, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“

Die Stille des Waldes wurde nur von den leisen Geräuschen der Natur unterbrochen. Das Zwitschern der Vögel verklang langsam, und das Zirpen der Grillen übernahm die Nacht. Die Brüder sprachen eine Weile nicht, beide in ihre eigenen Gedanken vertieft.

Sagittarius blickte auf und runzelte die Stirn. „Weißt du, Orion,“ begann er zögernd, „in den letzten Tagen sind mir Spuren aufgefallen.“

Orion sah überrascht auf. „Spuren? Welche Art von Spuren?“

„Von einer kleinen Menschenmenge,“ antwortete Sagittarius ernst. „Vielleicht eine Gruppe von Wanderern oder im schlimmsten Fall Wegelagerer. Sie scheinen uns nicht direkt zu folgen, aber sie sind in der Nähe.“

Orion schluckte und sah sich vorsichtig um. „Das ist nicht gut. Was sollen wir tun?“

„Wir müssen vorsichtig sein,“ sagte Sagittarius. „Ich denke, es ist besser, wenn wir kein Feuer machen, um uns nicht zu verraten. Und wir sollten nachts Wache halten.“

Orion nickte. „Gute Idee. Ich übernehme die erste Wache.“

Die Brüder machten sich daran, ihr Lager so unauffällig wie möglich einzurichten. Sie legten ihre Decken auf den weichen Boden und legten ihre Waffen griffbereit neben sich. Die Dunkelheit umschloss sie, und nur der schwache Schein des Mondes drang durch das Blätterdach über ihnen.

Die Nacht war still und kühl, und Orion hielt wachsam Ausschau nach möglichen Gefahren. Jede Bewegung im Unterholz ließ ihn aufhorchen, doch die Stunden vergingen ohne Zwischenfälle. Als die Sterne hoch am Himmel standen, weckte er Sagittarius für die nächste Wache.

„Deine Wache, Sagi,“ flüsterte er und streckte sich müde.

Sagittarius nickte und nahm seinen Platz ein. Orion legte sich hin und schloss die Augen, doch sein Schlaf war unruhig und voller wirrer Träume.

Der Morgen dämmerte kühl und klar. Die Brüder packten ihre Sachen zusammen und machten sich bereit für den nächsten Tag ihrer Reise. Sie waren schweigsam, beide in Gedanken versunken über die Entdeckung der Spuren.

„Schau mal,“ sagte Sagittarius plötzlich und deutete auf den Boden. „Hier sind mehr Spuren. Sie führen nach Süden.“

Orion bückte sich und betrachtete die Abdrücke im weichen Boden. „Wir sollten ihnen ausweichen. Gehen wir einen Umweg.“

Die Brüder beschlossen, den Spuren weitläufig auszuweichen und ritten vorsichtig weiter. Der Weg führte sie durch dichte Wälder und über kleine Bäche, immer darauf bedacht, keine Spuren zu hinterlassen und leise zu bleiben.

Die Stunden vergingen, und die Landschaft veränderte sich langsam. Die Bäume wurden weniger dicht, und die Hügel flachten ab. Der Weg nach Eldoria rückte näher, doch die Brüder blieben wachsam und vorsichtig.

Am späten Nachmittag erreichten sie eine Anhöhe, von der aus sie in der Ferne die Stadtmauern von Eldoria erblicken konnten. Die mächtigen Tore und die hohen Türme ragten gegen den Himmel und markierten das Ende ihrer langen Reise durch die Wildnis.

„Da ist sie,“ sagte Orion leise, eine Mischung aus Erleichterung und Vorfreude in seiner Stimme.

Sagittarius nickte und lächelte. „Wir haben es fast geschafft. Jetzt müssen wir nur noch Thranar Eisenfaust finden.“

Sie lenkten ihre Pferde den Hügel hinunter in Richtung Eldoria, bereit, die nächste Phase ihrer Reise zu beginnen und die Geheimnisse zu lüften, die ihr Großvater ihnen hinterlassen hatte.

Published inSchwurbrecher

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