Eldoria, 1247 des Kalenders von Tempure, Herbst
Der Morgen dämmerte sanft über Eldoria, und die ersten Sonnenstrahlen fielen durch das kleine Fenster des Zimmers, in dem Orion und Sagittarius schliefen. Die Geräusche der Stadt begannen allmählich zu erwachen – das Murmeln der Menschen, das Klirren von Wagenrädern und das Zwitschern der Vögel draußen. Orion öffnete als Erster die Augen und streckte sich, bevor er seinen Bruder weckte.
„Sagi, es ist Zeit aufzustehen,“ sagte er und rüttelte ihn leicht an der Schulter.
Sagittarius brummte verschlafen, setzte sich aber schließlich auf. „Guten Morgen,“ murmelte er und rieb sich die Augen. „Lass uns runtergehen und frühstücken.“
Die Brüder kleideten sich an und machten sich auf den Weg in den Gastraum der Taverne. Dort war es bereits geschäftig, und der Duft von frisch gebackenem Brot und gebratenem Speck erfüllte die Luft. Sie setzten sich an einen freien Tisch und warteten, bis die freundliche Wirtin ihnen das Frühstück brachte.
„Guten Morgen,“ begrüßte sie sie lächelnd. „Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen. Hier ist euer Frühstück.“ Sie stellte Teller mit Brot, Käse, Speck und Eiern vor ihnen ab.
„Vielen Dank,“ sagte Orion und begann zu essen. „Das sieht köstlich aus.“
Die Brüder genossen das Frühstück, das nach den langen Tagen auf der Straße wie ein Festmahl schmeckte. Sie sprachen wenig und konzentrierten sich darauf, ihre Energien für den bevorstehenden Tag zu sammeln.
Nach dem Frühstück kam die Wirtin erneut zu ihrem Tisch. „War alles in Ordnung mit dem Frühstück?“ fragte sie freundlich. „Kann ich euch noch weiterhelfen?“
Orion und Sagittarius wechselten einen Blick und Orion antwortete: „Ja, das Frühstück war ausgezeichnet, danke. Übrigens, wir haben uns gestern gar nicht richtig vorgestellt. Ich bin Orion und das ist mein Bruder Sagittarius.“
Die Wirtin lächelte und verneigte sich leicht. „Es freut mich, euch kennenzulernen, Orion und Sagittarius. Mein Name ist Marla. Wie kann ich euch helfen?“
„Wir suchen immer noch nach einem Schmied namens Thranar,“ sagte Sagittarius. „Gestern konnten wir nicht viel herausfinden. Könntet ihr uns vielleicht mehr Informationen geben?“
Marla seufzte leise, ihre Augen zeigten einen Moment der Besorgnis, bevor sie sich wieder fasste. „Thranar ist ein heikles Thema in dieser Stadt,“ begann sie vorsichtig. „Viele wollen nicht darüber sprechen, aber ich werde euch helfen, so gut ich kann.“
Sie holte eine aktuelle Karte der Stadt hervor und legte sie auf den Tisch. „Hier,“ sagte sie und zeigte auf eine Ecke der Karte. „Das ist das Schmiedeviertel. Dort findet ihr viele Schmiede, die euch bei euren Anliegen helfen können. Ihr solltet dort anfangen.“
„Vielen Dank, Marla,“ sagte Orion und studierte die Karte genau. „Wir werden uns gleich auf den Weg machen.“
„Seid vorsichtig,“ warnte Marla. „Und wenn ihr mehr braucht, wisst ihr, wo ihr mich findet.“
Die Brüder nickten dankbar und packten ihre Sachen zusammen. Sie fühlten sich gestärkt und bereit, den nächsten Schritt zu tun. Mit der neuen Karte in der Hand und Marlas freundlichen Worten im Herzen machten sie sich auf den Weg ins Schmiedeviertel von Eldoria, bereit, die Geheimnisse der Stadt zu ergründen und mehr über Thranar zu erfahren.
Orion und Sagittarius packten ihre Sachen zusammen und überprüften die Ausrüstung, die sie von ihrem Großvater Eldric und seinem Bruder Nimrore gefunden hatten. Orion schnallte ein altes Schwert an seinen Gürtel, das einst Eldric gehört hatte, während Sagittarius einen sorgfältig gefertigten Bogen von Nimrore über die Schulter legte.
„Es fühlt sich richtig an, ihre Waffen bei uns zu tragen,“ sagte Orion, als sie ihre Reisetaschen schulterten. „Ich hoffe, wir finden jemanden, der uns mehr über sie erzählen kann.“
Sagittarius nickte. „Und vielleicht erfahren wir auch mehr über Thranar. Es ist seltsam, dass niemand über ihn sprechen will.“
Sie verließen die Taverne und machten sich auf den Weg zum Schmiedeviertel. Die Straßen von Eldoria waren schon früh am Morgen belebt, und die Stadt erwachte langsam zum Leben. Während sie gingen, unterhielten sich die Brüder über die seltsame Zurückhaltung der Bewohner, über Thranar zu sprechen.
„Warum wohl ist Thranar so ein Tabu?“ fragte Orion nachdenklich. „Es muss etwas Ernstes passiert sein.“
„Vielleicht erfahren wir im Schmiedeviertel mehr,“ antwortete Sagittarius. „Wir müssen nur vorsichtig sein, wie wir fragen.“
Das Schmiedeviertel war laut und geschäftig, das Hämmern von Metall und das Knistern der Schmiedefeuer erfüllten die Luft. Überall standen starke Männer und Frauen, die an ihren Ambossen arbeiteten, Funken flogen und das Geräusch von Metall auf Metall war allgegenwärtig.
Die Brüder traten in die erste Schmiede ein, die ihnen ins Auge fiel. Der Schmied, ein kräftiger Mann mit rußverschmiertem Gesicht, begrüßte sie mit einem kurzen Nicken.
„Guten Morgen,“ begann Orion höflich. „Wir haben einige Waffen, die wir gerne beurteilen lassen würden.“
Der Schmied trat näher und sah sich die Waffen an. „Hm, das sind alte Stücke,“ murmelte er und nahm das Schwert in die Hand. „Sie haben ihre beste Zeit hinter sich, aber man sieht, dass sie hervorragend gefertigt wurden.“
Sagittarius zeigte ihm den Bogen. „Und was ist mit diesem Bogen?“
Der Schmied untersuchte den Bogen sorgfältig und nickte anerkennend. „Auch dieser Bogen ist von ausgezeichneter Qualität. Es würde allerdings einiges kosten und Zeit in Anspruch nehmen, diese Waffen wieder in Schuss zu bringen.“
Orion und Sagittarius wechselten einen kurzen Blick, bevor sie weiterfragten. „Wissen Sie vielleicht, wer diese Waffen gemacht haben könnte?“ fragte Orion vorsichtig.
Der Schmied sah sie misstrauisch an. „Warum wollt ihr das wissen?“
„Wir haben sie von unserem Großvater geerbt und würden gerne mehr über ihre Herkunft erfahren,“ erklärte Sagittarius.
Der Schmied zögerte, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich kenne den Schmied nicht, der diese Waffen gemacht hat. Ihr solltet weiter fragen.“
Die Brüder bedankten sich und verließen die Schmiede. Sie besuchten mehrere andere Schmieden im Viertel und stellten ähnliche Fragen. Die Schmiede lobten die Qualität der Waffen, wiesen aber immer wieder darauf hin, dass die Reparatur teuer und zeitaufwändig wäre.
„Ihr müsst wissen, diese Stücke sind wirklich außergewöhnlich,“ sagte ein älterer Schmied mit grauem Bart. „Aber es gibt nicht viele, die diese Kunst beherrschen.“
„Könnten Sie uns vielleicht sagen, wer sie gemacht haben könnte?“ fragte Orion erneut, versuchend, mehr Informationen zu bekommen, ohne direkt Thranars Namen zu nennen.
Der Schmied wurde ernst und schüttelte den Kopf. „Ich kann euch nicht weiterhelfen. Es wäre besser, wenn ihr nicht weiter fragt.“
Die Brüder wechselten einen besorgten Blick. Es war offensichtlich, dass die Schmiede im Viertel etwas wussten, aber niemand wollte darüber sprechen. Die Qualität der Waffen und die Reaktionen der Schmiede bestätigten nur ihren Verdacht, dass Thranar der Schöpfer sein könnte.
„Wir kommen nicht weiter,“ murmelte Sagittarius, als sie die letzte Schmiede verließen. „Was sollen wir jetzt tun?“
Orion dachte nach. „Vielleicht sollten wir uns in der Taverne niederlassen und überlegen, wie wir weiter vorgehen. Irgendjemand muss doch bereit sein, uns mehr zu erzählen.“
Mit diesen Gedanken im Kopf machten sie sich auf den Weg zurück zur Taverne „Goldenes Horn“. Die Sonne begann bereits, sich dem Horizont zu neigen, und die Straßen wurden allmählich leerer. Als sie die Taverne erreichten, fühlten sie sich erschöpft, aber entschlossen, weiter nach Antworten zu suchen.
Orion und Sagittarius traten in die warme, einladende Atmosphäre des „Goldenen Horns“ ein. Die Taverne war gut besucht, und die Geräusche von Gesprächen und Gelächter erfüllten den Raum. Sie setzten sich an einen freien Tisch und bestellten Abendessen.
Während sie aßen, unterhielten sie sich über die Ereignisse des Tages. „Es ist wirklich merkwürdig,“ sagte Orion nachdenklich, „dass niemand über Thranar sprechen will. Es muss etwas wirklich Ernstes passiert sein.“
Sagittarius nickte. „Und die Qualität der Waffen ist unbestreitbar. Es muss Thranars Arbeit sein, aber warum will niemand ihn erwähnen?“
Orion starrte auf seinen Teller und schob das Essen hin und her. „Wir brauchen eine neue Strategie. Vielleicht sollten wir morgen noch einmal anders vorgehen. Irgendjemand muss uns mehr erzählen können.“
Plötzlich trat eine Frau an ihren Tisch. Sie war anders gekleidet als die anderen Gäste – ein dunkler Umhang verhüllte ihre Gestalt, und sie trug eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Ihre Augen funkelten neugierig, als sie die Brüder ansprach.
„Ihr sucht nach Thranar?“ flüsterte sie und lehnte sich näher zu ihnen. „Dann habt ihr Glück, dass die richtigen Ohren eure Fragen vernommen haben.“
Orion und Sagittarius blickten erstaunt auf. „Wer seid ihr?“ fragte Sagittarius misstrauisch.
Die Frau lächelte geheimnisvoll. „Ihr könnt mich Aria nennen,“ sagte sie und setzte sich. „Ich habe ein Talent dafür, verborgene Dinge zu finden, die andere nicht sehen. Für ein kleines Entgelt könnte ich euch zu Thranar führen.“
Die Brüder wechselten einen überraschten Blick. „Warum sollten wir euch vertrauen?“ fragte Orion skeptisch.
Aria lächelte nur. „Ihr habt keine anderen Optionen, oder?“
Die Brüder blieben sprachlos und starrten die Fremde an, die ihnen vielleicht die Antworten bringen könnte, nach denen sie gesucht hatten.
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